In Ungarn fuhren wir auf direktem Weg in das Örtchen Tékes. Dort haben wir vor über einem Jahr die ersten Tage unserer Reise verbracht und auch diesmal nisteten wir uns auf dem Anwesen unserer Freunde Anita und Günter ein. Wir wuschen Wäsche, räumten auf, putzten, sortierten und reparierten ein paar Kleinigkeiten während wir auf Besuch aus Österreich warteten. Irmi und Dietmar aus Salzburg hatten sich vor ein paar Wochen ein Expeditionsmobil zugelegt, gerade den LKW Führerschein gemacht und jetzt wollten sie ihre erste Test-Reise mit uns gemeinsam unternehmen. Kaum hatten sie die neuen Führerscheine vom Postler übernommen, saßen sie auch schon in ihrem „Hoppel“ und düsten zu uns nach Ungarn und sie brachten jede Menge tolle Geschenke aus der Heimat mit. Schokopralinen, Mozartkugeln, unser Lieblingsbier aus Salzburg, Vogelbeerschnaps und viele andere Leckereien waren mit dabei und während wir uns gemütlich durch schlemmten hatten Irmi und Dietmar endlich genügend Zeit ihr neues Fahrzeug kennen zu lernen und erstmals auch artgerecht zu bewegen. Die ersten Kratzer und Dreckspritzer sind drauf und „Hoppel“ hat sich auf seiner ersten Testrunde im Gelände super geschlagen.

Unser gemeinsames Ziel für die nächsten Tage war Montenegro wo Dietmar Raimund das Fliegenfischen näher bringen wollte. Auf dem Weg mussten wir aber noch unbedingt einen Stopp in Villany in Süd-Ungarn einlegen um den ein oder anderen Wein zu kosten. Raimund und ich sind ja sehr wohl Weinkenner. Wir wissen sofort beim ersten Schluck ob ein Wein schmeckt oder nicht und ja, wir wissen sogar, dass es verschiedene Rebsorten gibt und, dass uns manche davon besser schmecken und manche eben weniger 😉 In Villany haben die zwei Feinspitze uns dann zu einer richtig edlen Weinverkostung eingeladen bei der wir sehr viel gelernt und erfahren haben. Anschließen gab es ein köstliches Dinner auf Hauben-Niveau und obwohl wir all diesen Luxus so richtig genossen haben waren wir trotzdem leicht angespannt. Auf der Fahrt von Tékes nach Villany hat eine Warnlampe im BIG20 Cockpit zu leuchten begonnen und wir haben die Ursache auch relativ schnell gefunden. Unsere Starter Batterien befinden sich unter der Sitzbank im Cockpit, dort wo auch Brecheisen, Wagenheber und andere Dinge verstaut sind und obwohl die Batteriekontakte abgedeckt sind ist eine Metallstange verrutscht, am Batteriepol angekommen und hat dort einen Kurzschluss verursacht. Kurz gesagt: Unsere Lichtmaschine hat den Geist aufgegeben. Bei einer Werkstatt in Villany wollte man uns eine gebrauchte Lichtmaschine für viel Geld verkaufen und deshalb machten wir uns lieber selbst auf den Weg in die nächst größere Stadt Pécs wo wir diverse Geschäfte abklapperten und von einem Laden zum nächsten geschickt wurden. Schließlich fanden wir auch einen Shop der Laderegler für Lichtmaschinen hatte. In strömendem Regen probierte Raimund zwei verschiedene Teile aus, keiner der beiden passte aber auf unsere Lichtmaschine und so gaben wir schließlich auf und bestellten eine komplett neue Lichtmaschine in Deutschland. Es erschien uns einfacher in der Kellerstraße von Villany auf ein Ersatzteil zu warten als ohne Lichtmaschine von Stadt zu Stadt zu fahren in der Hoffnung, das passende Teil irgendwo zu finden. Und so schickten wir unsere Freunde schon mal los in Richtung Montenegro während wir uns ein paar Tage lang bei den verschiedenen Winzern durch kosteten und durch die Gegend streiften. Bei einer unserer Touren durch die Kellergasse lernten wir dann Birgit und Bert kennen. Die beiden waren ebenfalls mit einem Expeditionsmobil unterwegs und waren gerade am Heimweg von ihrer Ukraine-Moldawien Reise. Ein gemeinsames Abendessen und ein gemeinsames Frühstück, das wars dann leider auch schon bevor die Beiden weiter zogen aber, man sieht sich immer zweimal! Etwas außerhalb des Ortes wo wir unseren BIG20 geparkt hatten war es äußerst ruhig, nur ein Bauer kam vorbei um etwas Dünger für seinen Weingarten zu holen. Die Säcke hatte er neben unserem BIG20 gelagert. Als er dann seine nagelneue Düngemaschine befüllte passierte das Missgeschick. Die Paletten auf die er das Gerät gestellt hatte krachten zusammen und das Gerät kippte um. Also packten wir kurzerhand ein paar Zurrgurte, Unterlegkeile und Schaufel aus und packten mit an. Auf der gesamten Reise haben wir schon öfters wo mit angepackt oder Autos aus dem Sand geborgen. Die übliche Bezahlung dafür (natürlich ohne, dass wir je etwas für unsere Hilfe verlangen würden) waren bisher immer zwei Flaschen Wein und als wäre das ein weltweit gültiges, ungeschriebenes Gesetz brachte auch dieser Bauer am nächsten Tag zwei Flaschen Wein vorbei. Es gibt schlechtere Orte um eine Panne zu haben aber trotzdem waren wir erleichtert als ein paar Tage später die Lichtmaschine ankam. Der Einbau war ruck-zuck erledigt und wir konnten uns endlich auf den Weg nach Montenegro machen. In der Nacht vor der Abfahrt fiel mir noch ein die grüne Versicherungskarte vor zu bereiten. In den Ländern Bosnien, Montenegro und Albanien muss diese bei der Einreise vorgezeigt werden. Ohne diese Karte muss man im jeweiligen Land eine Haftpflichtversicherung abschließen. Wir hatten die Karte lange nicht gebraucht  und deshalb leider übersehen, dass sie abgelaufen war… seit zwei Wochen nämlich und die Versicherung hatte auch noch keine neue Karte geschickt, ansonsten hätte uns Raimunds Papa sofort informiert. Mist! Also hat Raimund gleich mal bei seiner Versicherung angerufen und darum gebeten die Karte als PDF per E-Mail zu bekommen. Damit könnten wir zumindest beweisen, dass der BIG20 tatsächlich versichert ist. Während sich seine Betreuerin Erika darum kümmerte möglichst schnell das Dokument zu bekommen überlegten wir uns wie wir ohne gültige Karte nach Montenegro kommen sollten. Bosnien kontrolliert die Versicherungskarte immer. Serbien hingegen hat inzwischen ein Abkommen unterzeichnet, dass Fahrzeuge mit EU Kennzeichen die Versicherungskarte nicht mehr zwingend mitführen müssen weil diese Fahrzeuge sowieso versichert sind. Also würden wir über Serbien fahren und hoffen, dass wir an der Grenze nach Montenegro irgendwie mit der abgelaufenen Karte durchkommen würden. Zuerst mussten wir aber Ungarn in Richtung Kroatien verlassen und das gestaltete sich schwieriger als angenommen…

Der kleine Grenzübergang den wir nehmen wollten hat ein LKW Fahrverbot für LKW über 3,5 Tonnen, da wir aber laut Papieren ein Wohnmobil und keinen LKW fahren und in die entgegengesetzte Richtung sehr viel Schwerverkehr unterwegs ist wollten wir es drauf ankommen lassen. Der sehr freundliche Grenzbeamte berief sich aber auf unser Gewicht und ließ uns direkt an der Grenze wieder umdrehen. Zumindest hat er uns den Weg zur nächst möglichen Grenze erklärt. Um den Umweg etwas kürzer zu gestalten haben wir dann trotzdem noch so manch eine Tonnenbeschränkung „übersehen“ und fanden uns schließlich einer äußerst grantigen Zöllnerin gegenüber. Für gewöhnlich läuft es an Grenzübergängen so: Ich fahre und unterhalte mich mit den Beamten. Sollte der Beamte eine Frau sein steigt Raimund aus und erledigt den Small-Talk und den Papierkram. In Ungarn war also Raimund dran der Dame die Papiere zu zeigen und es dauerte nicht lange bis der Ton etwas freundlicher wurde. Nachdem sie sogar Aida`s Reisepass kontrolliert hatte wollte sie noch ins Fahrzeug schauen und natürlich reichte Raimund ihr galant die Hand bevor sie uns eine gute Weiterfahrt wünschte. Ein paar hundert Meter weiter dann das gleiche Spiel mit den Kroaten nur, dass diesmal ich ausstieg und mein nettestes Lächeln aufsetzte. Nachdem auch die Herren vom kroatischen Zoll einen kurzen Blick ins Auto geworfen hatten ging es weiter zur serbischen Grenze. Gleich würden wir die EU verlassen und hatten immer noch kein E-Mail von der Versicherung… Wir entschieden uns trotzdem weiter zu fahren. Dann würden wir uns eben in Serbien irgendwo WIFI suchen und das Dokument runter laden. Knapp 10 Kilometer vor der Grenze kam dann aber doch noch das ersehnte Mail und die Grenze war schnell passiert. Die Zöllner in Serbien waren schwer begeistert von unserem Fahrzeug und winkten uns grinsend und mit erhobenen Daumen direkt weiter. Naja, es reicht ja auch, dass man innerhalb der EU so gründlich kontrolliert wird.

„Zahts an!“ Hat Dietmar uns geschrieben und so fuhren und fuhren wir. Berg rauf, Berg hinunter. Uns war nicht bewusst gewesen wieviele Passstraßen Serbien zu bieten hat und wie langsam man auf vielen Strecken fahren muss. Natürlich hätten wir auch irgendwo übernachten können aber irgendwie waren wir unruhig wegen der Grenze, der nicht vorhandenen Versicherungskarte usw. und so beschlossen wir es einfach zu versuchen. Im schlimmsten Fall müssten wir eine Versicherung für Montenegro abschließen oder umdrehen und irgendwo einen Copyshop finden wo wir unser E-Mail Dokument auf grünes Papier ausdrucken könnten. Spät am Abend erreichten wir schließlich die Grenze und davor stand eine lange LKW Schlange auf der schmalen Straße. Ein paar PKW schlängelten sich einfach dran vorbei und da wir ja ebenfalls einen PKW haben stieg Raimund aus und lief ein Stück vor, redete mit LKW Fahrern und schließlich schlängelten auch wir uns an der Kolonne vorbei. Kurz vorm Grenzhäuschen mussten wir uns wegen Gegenverkehr nochmal in die LKW Spur rein quetschen und das erregte den Unmut von ein paar Brummi-Fahrern. Einer stieg aus,  dann ein zweiter und schließlich kamen sie zu dritt ziemlich grimmig auf uns zu. Als ich das Fenster aufmachte waren sie aber so überrascht, dass gar keine bösen Worte mehr rüber kamen. „Das ist nicht nett wenn du dich vordrängst!“ Sagte einer und ich erklärte ihm, dass wir zur PKW Spur wollten woraufhin er mir höflich erklärte ich könne einfach weiter fahren. Für die Grenzbeamten gab es dann nochmal mein charmantestes Lächeln und im Gegenzug machten sie mit ihren Handys ein paar Fotos von unserem BIG20. Jetzt müssten wir nur noch die Einreise nach Montenegro hinter uns bringen… Wieder schlängelten wir uns durch und diesmal hatte ich Pech: Im Zollhäuschen saß eine Frau und sie wollte die grüne Versicherungskarte sehen. Sofort stellte sie fest, dass diese abgelaufen war und nun war wieder Raimund dran. Er stieg aus, zeigte der Dame das E-Mail mit der neuen Versicherungskarte aber sie bestand darauf, dass wir das Original mithaben müssten. Er sagte ihr, dass wir gleich am nächsten Tag einen Copyshop aufsuchen und das Ding ausdrucken würden aber auch das gefiel ihr nicht. Ein Ausdruck sei ebensowenig gültig wie unser PDF und überhaupt… „PROBLEM!!!“ Raimund ließ nicht locker, schenkte ihr sein schönstes Zahnpastalächeln, erzählte wie sehr er sich auf Montenegro freuen würde usw. Schließlich rief die korpulente Dame ihren Chef herbei. Wieder erklärte Raimund unser Anliegen, erzählte von unserer Reise und, dass wir das Original nicht mithatten weil wir ja schon seit über einem Jahr nicht mehr zu Hause waren. Schließlich konnte er ihr auch noch glaubhaft versichern, dass wir Urlaub in Montenegro machen wollten. Mehrmals fragte sie nach wohin in Kroatien wir wollten und wieder erklärte Raimund, dass wir keinen Urlaub in Kroatien sondern Urlaub in Montenegro machen wollten. Ihr Chef, der so getan hatte als würde er uns nicht verstehen war offensichtlich begeistert von unserer Geschichte und ermutigte sie uns fahren zu lassen. Schließlich gab die Dame sich einen Ruck und wünschte uns einen schönen Urlaub. Gerade als wir starten wollten fiel ihr dann noch was ein… „Ihr seid aus Österreich, ihr habt doch sicherlich gute österreichische Schokolade mit dabei!?“ Und tatsächlich hatten wir irgendwo noch eine Tafel Milka herumliegen die zwar schon ein paar mal zu warm geworden war und immerhin schon an die 40.000 Kilometer auf dem Buckel hatte aber Schoko ist Schoko. Raimund fragte noch ihren Chef ob er gerne ein Bier hätte und der war nicht abgeneigt aber da brüllte sie schon aus dem Zollhäuschen: „Nein! Schokolade!“ Also krabbelte ich in unseren Wohnraum um die vermutlich bereits abgelaufene Schokolade zu suchen während hinter uns die Autoschlange immer länger wurde 😉 Als Raimund ihr die Tafel überreichte strahlte die Zöllnerin übers ganze Gesicht und ignorierte die aufgebrachte Meute die schon an ihr Zollhäuschen klopfte. Und nein, das hat nichts mit Korruption zu tun! Sie war menschlich und wir haben uns dafür bedankt, nicht mehr und nicht weniger!

Um Mitternacht nach über 600km und rund 13 Stunden reiner Fahrzeit erreichten wir schließlich unser vorläufiges Ziel Mojkovac. Noch ziemlich kaputt von der langen und aufregenden Fahrt stapften wir gleich am nächsten Morgen gemeinsam zum Fluss „Tara“ wo Dietmar seine Fliegenfischer Kenntnisse mit seinem Guide Boris perfektionierte. Boris fischt für das Nationalteam und kennt den Fluss wie seine Westentasche. Er fischt 370 Tage im Jahr (manchmal geht er zweimal). Am Nachmittag bekam dann auch Raimund seine erste Lektion im Fliegenfischen und sein persönlicher Guide Milan verzweifelte fast als Raimund zwar viele Fische erwischte, sie aber immer wieder verlor. Milan ist ebenfalls Mitglied im Nationalteam der Fliegenfischer und äußerst geduldig wenn sich mal die Leine verwurschtelt und verknotet hat. Da wurde schon mal eine viertel Stunde lang sortiert, gewickelt und geknotet. Was für Milan aber gar nicht geht ist Fische zu verlieren. Aber: Übung macht den Meister! Immerhin war es für Raimund das erste Mal, dass er ohne Widerhaken gefischt hat und schon am nächsten Tag zog er ein paar schöne wilde Forellen und Äschen an Land. Während Irmi und ich mit unseren Hunden die Sonne am Fluss genossen fischten die Männer bis es dunkel wurde. Während Raimund normalerweise fischt um zu essen lernte er hier, dass Fischen auch reiner Sport sein kann. Der gefangene Fisch wird geküsst und dann wieder frei gelassen weil es eben Wildfische sind und kein Besatz. Für unser gemeinsames Barbecue mit Milan und Boris wurden deshalb extra Fische gekauft 😉

Die Tage an der Tara waren herrlich aber Irmi wollte in ihrem Urlaub auch unbedingt noch ans Meer und so machten wir uns gemeinsam auf nach Bar und weiter nach Ulcinj an den längsten Strand Europas. Außerhalb der Saison hatten wir den gesamten Strand fast für uns alleine und es tat gut endlich wieder mal die Sonne auf der Haut und den Sand zwischen den Zehen zu spüren. Jeder Tag war außerdem ein kulinarisches Highlight. Wir wurden so richtig verwöhnt! Jeden Tag gingen wir in ein gutes Restaurant und Dietmar der Feinschmecker suchte die besten Fische und Meeresfrüchte aus. Mit uns hatte er leichtes Spiel, wir essen eh fast alles und wenn wir länger mit den Beiden unterwegs gewesen wären würden wir wohl jetzt nicht mehr in unsere Hosen passen 😉 DANKE für alles!!! Schön wars mit euch!

Kurz nach unserer Ankunft in Ulcinj haben wir auch ein kleines Findelkind in unsere Runde aufgenommen. Dietmar hatte einen kleinen abgemagerten Hund am Strand aufgegabelt und die Kleine ist ihm zu unseren Fahrzeugen gefolgt und geblieben. Tag für Tag haben wir sie gefüttert, sie verbrachte dafür den ganzen Tag mit uns und unseren Hunden Zigana und Aida am Strand und den Abend auf irgendeinem Schoß. In den ersten Nächten richtete Dietmar ihr noch draußen ein Bettchen her aber schon bald durfte die kleine „Tara“ im Expeditionsmobil schlafen. Wir nahmen sie an die Leine und mit in ein Restaurant und irgendwie war klar, dass diese süße kleine Fellnase nicht zurückbleiben konnte. Und so kam es, dass Irmi und Dietmar nun neben einem neuen Expeditionsmobil auch noch einen neuen Hund haben 🙂 Während „Hoppel“ und seine Bewohner sich schließlich auf den Heimweg nach Salzburg machten zog es uns weiter in den Süden nach Albanien über Tirana und Elbasan zum Ohrid See. Unsere Reise wird noch ein bisschen verlängert, zu sehr sehnen wir uns nach Sonne und Wärme und deshalb werden wir nun dorthin zurück kehren wo unsere Reise erst so richtig begonnen hat und die Zeit plötzlich nicht mehr wichtig war: Griechenland.