Das Atlas Gebirge fasziniert mich schon lange und nach all unseren Abenteuern in der Wüste freuten wir uns auf die Berge und Passstrassen. Allerdings ist Marokko längst kein Offroad-Paradies mehr. Überall wird asphaltiert und die meisten schönen Pässe können mittlerweile auch von „Joghurtbechern“ befahren werden. Über den Tizi n Tazazert Pass gibt es nur noch wenige Pistenkilometer, der Rest ist schon planiert oder sogar asphaltiert. Spätestens nächstes Jahr wird die Baustelle fertig sein. Die Dades-Schlucht ist ebenfalls asphaltiert und ziemlich überlaufen aber trotzdem sehr schön. Erst am Ende der Schlucht wurde es für uns interessanter, dort wo die Teerstrasse endet und sich eine Schotterpiste an den steilen Felsen entlang windet. Dort würden wir nicht allzu viele Touristen antreffen… haben wir uns gedacht… Tatsächlich haben wir sogar auf dieser Passstrasse ein paar mutige Wohnmobilfahrer getroffen! Wie die es da rauf geschafft haben bleibt ein Rätsel, nur die diversen weißen Plastikteile entlang der Strecke lassen vermuten, dass die Tour wohl auch ein paar Opfer gefordert hat.

Die Felsformationen im Atlas sind wunderschön aber karg. Es gibt keine Bäume, keine Wiesen, kein Grün. Umso mehr haben wir uns dann gefreut als wir bei einem hübschen Bergsee unser Nachtlager aufgeschlagen haben. Es fühlte sich an wie ein Aufatmen der Seele. Bis dahin war uns gar nicht bewusst wie sehr uns das Grün gefehlt hatte. Grüne Wiesen, Bäume und Süßwasser, das ist es was wir seit unserer Kindheit kennen und wo wir uns richtig wohl fühlen. Wir sind eben als Wald- und Wiesenmenschen geboren worden. Wir setzten unsere Seen-Tour fort und je weiter wir nach Norden kamen umso grüner wurde es. Auch die Marokkaner lieben diese Seen und deshalb waren wir nie alleine. Im Aguelmam Azigza Nationalpark trafen wir eine Gruppe marokkanischer Lehrer die uns kurzerhand zum Essen einluden und uns ihre übrig gebliebenen Speisen schenkten. Der Englischlehrer übersetzte für den Arabischlehrer und der Physiklehrer packte sein bestes Englisch aus, wurde aber wiederum vom Englischlehrer ausgelacht. Die Lehrer interessierten sich sehr dafür wie wir ihr Land wahrnehmen und wir diskutierten über das allgegenwärtige Müll-Problem und über die vielen bettelnden Kinder in den Bergen. Das Leben im Gebirge ist schwer und die Menschen dort sind arm aber, dass kleine Kinder Touristen Steine hinterher schmeißen wenn sie keine Süßigkeit bekommen oder den Stinkfinger zeigen wenn man nicht anhält und sie beschenkt, das geht doch zu weit! Tatsache ist aber auch, dass die kleinen Fratzen eben dieses Verhalten von den Touristen gelernt haben… Inzwischen sind wir etwas abgestumpft, freuen uns zwar immer noch über die Freundlichkeit der Marokkaner, sehnen uns aber gleichzeitig nach der vertrauten europäischen Kultur. Einfach mal eine kurze Hose anziehen, ein ärmelloses T-Shirt tragen oder ein Bier in der Öffentlichkeit trinken. Wir freuen uns darauf sich in einem Geschäft einfach umschauen zu können oder irgendwo auf einer Parkbank ein Eis zu schlecken.

Ohne allzu große Erwartungen wollten wir uns schließlich noch die Königstadt Fés anschauen und wir wurden überrascht!!! Auf dem Campingplatz wurden wir von einem sehr sympathischen Mann auf deutsch angesprochen. „Wafi“ ist offizieller Stadtführer in Fés und fragte ob wir Interesse an einer Tour in einer kleinen Gruppe hätten und wir sagten spontan zu. Die Stadt hat uns sehr begeistert. Hier gibt es noch echtes Handwerk und wenig Touristenramsch, die Menschen sind viel weniger aufdringlich als beispielsweise in Marrakech und in den diversen Läden kann man sich in Ruhe umschauen und wird nicht zum Kaufen gedrängt. In 9 Stunden haben wir nur einen Bruchteil der Medina von Fés kennen gelernt. Wafi hat ein unglaubliches Wissen über die Stadt und streut immer wieder lustige Geschichten und Witze ein und so bleibt tatsächlich auch viel hängen. Falls ihr also mal in die Gegend kommen solltet, wir können Wafi wärmstens empfehlen und geben gerne seine Telefonnummer weiter.

Von Fés ging es schließlich weiter nach Chefchauen (die blaue Stadt) und wir wurden ein bisschen an Hallstatt erinnert. Die Medina ist sehr hübsch aber extrem touristisch. Überall Souvenirläden und Ramsch der die blauen Mauern verdeckt. Man muss schon ein bisschen suchen um ein gutes Fotomotiv zu finden und keinen asiatischen Touristen im Bild zu haben.

Etwas über drei Monate waren wir nun am afrikanischen Kontinent und haben dabei 10.000 km mit unserem BIG 20 zurückgelegt. Die nächsten 10.000 km werden wir auf dem europäischen Kontinent fahren aber der Saharasand in jeder Ritze unseres Fahrzeugs wird uns sicher noch jahrelang begleiten …