Die letzten Wochen, ja Monate haben wir viele Hochs und Tiefs erlebt. Als wir vom Peloponnes aufgebrochen sind war die Welt in Griechenland noch in Ordnung und Corona weit weg. Klar wurde man ein bisschen vorsichtiger aber, dass sich die Lage so entwickeln würde hätten wir uns nie gedacht. Wir genossen noch die herrliche Aussicht am Kanal von Korinth und winkten unzähligen Schiffen aus aller Welt zu, die sich langsam durch den engen Kanal quetschten. Auf dem Weg nach Norden genossen wir noch ein Bad in heißem Schwefelwasser und erreichten schließlich pünktlich zu Raimund`s Geburtstag Chalkidiki. Wir feierten im Kleinen, schließlich war geplant, dass Ende März Raimund`s Mama und Schwester nach Develiki kommen würden um unser aller Geburtstage (ja, die sind tatsächlich alle im März) gemeinsam in unserer Lieblingstaverne zu feiern. Zuerst bekamen wir jedoch Besuch von unserem Mechaniker und Freund Thomas mit Freundin Corinna. Das Wetter Anfang März lud schon zum Baden ein und besonders für Thomas, der das erste Mal Urlaub am Meer machte war es ein Genuss. Da gab es gleich mal eine Einweisung ins Spearfishen und auch mit unserem SUP Board hatten die Beiden viel Spaß. Sie haben sogar überlegt ihren Urlaub zu verlängern aber plötzlich konnte niemand mehr abschätzen ob und wie lange es noch Flüge gäbe und wie es sich mit der Quarantäne in Österreich entwickeln würde. Also verabschiedeten sich die Zwei nach einer Woche und zwar gerade rechtzeitig vor dem Lock-Down in Griechenland! Von einem Tag auf den Anderen wurde das Land dicht gemacht und pünktlich mit den Abendnachrichten kam auch die Angst. Die sonst so offenen und gastfreundlichen Griechen schotteten sich ab und hatten Angst, dass Ausländer ihnen die Krankheit ins Dorf bringen könnten. Wir waren zu diesem Zeitpunkt schon knapp zwei Wochen vor Ort und somit offiziell keine Gefahr mehr. Etwa genau so lang waren Simona und Tiziano bereits in Develiki. Die zwei Italiener haben jahrelang in Bulgarien gelebt und nun in Develiki ein kleines Haus gekauft. Alleine die Tatsache, dass die Zwei einen italienischen Pass besitzen hat aber ausgereicht, dass sie gemieden wurden. Selbst das Einkaufen in Ierissos wurde zum Spießrutenlauf kaum, dass man den Akzent identifiziert hatte. Zum christlichen Osterfest haben uns die Italiener eingeladen. Wir haben Pasta gegessen, Eier gepeckt und Kuchen gemampft, uns aber nicht getraut den Griechen von unserer Einladung zu erzählen. Eine Woche später fand dann das Griechische Osterfest statt und da fielen dann ein bisschen die Hemmungen. Ostern ist das wichtigste Fest des Jahres und traditionell wird mit der ganzen Familie gefeiert. Es gibt Unmengen zu essen und das Lamm oder die Ziege vom Spieß ist eine Tradition die man sich nicht mal während des Lock-Down nehmen lässt. So kam es, dass wir gemeinsam mit unseren Freunden Lola, Panajotis, Zakis, Dionysos und Irene, Nachbarin Maria und den Italienern ganz heimlich und versteckt Ostern nach griechischer Tradition feierten und natürlich haben wir uns zu diesem Anlass auch in Schale geworfen und sind in Dirndl und Lederhose zum Fest erschienen.

Der ganze Lock-Down war für uns eine ruhige Zeit und eigentlich haben wir nicht viel von dem ganzen Chaos weltweit mitbekommen. Wir haben die Ruhe und die Natur genossen, zugesehen wie jeden Tag neue Blumen erblühten, Delfine und Schildkröten beobachtet und den Schakalen in der Nacht beim Spielen zu gesehen. Aber es gab auch die andere Seite. Die Sorgen, die Ängste…

Ja, auch wir haben uns Sorgen gemacht. Zwar hatten wir keine Angst vor der Krankheit (wo hätten wir uns auch anstecken sollen) aber es war schon ein sehr seltsames Gefühl in einem fremden Land fest zu sitzen. Lange Zeit wollten wir nicht zurück nach Österreich und jetzt wo wir uns auf die Rückreise vorbereitet hatten konnten wir plötzlich nicht mehr und es war nicht ab zu sehen, ob und wann die Grenzen wieder öffnen würden. Die geplante Geburtstagsfeier war geplatzt und wir waren auf die Gastfreundschaft der Familie Dourakis angewiesen. Zusätzlich hat es viele Tage geregnet und gestürmt und wir waren auf unseren 8 Quadratmetern quasi eingeschlossen. Selbst zum Gassi gehen mit Aida hätten wir theoretisch jedes Mal einen Passierschein gebraucht. Glücklicherweise konnten wir uns in den Olivenhainen unbeobachtet und frei bewegen und mussten auch nicht zum Einkaufen weil wir erstens genug Vorräte angelegt hatten und wir zweitens pausenlos mit Essen beschenkt wurden. Fast jeden Tag kam Panajotis mit seinem Pick-Up bei uns vorbei und brachte frische Eier, Bohnengerichte oder frischen Fisch und als der Regen endlich aufhörte haben wir uns revanchiert.

Für die Familie Dourakis und die Dionysos Taverne in Develiki war der Lock-Down die einzige Zeit ohne Gäste und wir haben gemeinsam viele Arbeiten erledigt die sonst liegen bleiben. Alle 500 Olivenbäume wurden beschnitten und die Äste anschließend verbrannt (ein Knochenjob) der Garten wurde umgegraben, Tomaten gepflanzt, das Boot geputzt, Netze repariert, Blumen gepflanzt, Wände gestrichen, Zimmer geputzt, Kühlschränke lackiert und vieles mehr. Wir hatten ja Zeit und weil selbst Angeln, Schwimmen und sonstiger Wassersport verboten waren wurde uns so zumindest nicht langweilig. Wir haben viel gelernt in dieser schwierigen Zeit und wir haben viel Einblick in das Dorfleben und das Miteinander in Develiki bekommen.

Die einzige Person die keine Angst vor Corona hatte war die 84jährige Nachbarin Maria. Sie ist quasi die Ureinwohnerin des kleinen Dorfes und ihr Vater hatte vor vielen Jahren die erste Taverne des Dorfes. Diese Frau hat schon viel gesehen und sie hat sich nicht gescheut mich an meinem Geburtstag ganz ohne Passierschein mitten auf der Straße zu küssen (ja, das war während des Lock-Down 😉 ) Maria hat uns auch vieles beigebracht. Sie kennt jede Pflanze in Develiki und weiß, was man essen kann und wie man es zubereiten muss. Wir haben Disteln, wilde Karotte, Wildspargel, Hopfenblüten und Meerfenchel in rauen Mengen gegessen. Dazu gab es oft frischen Fisch direkt aus dem Netz von Panajotis. Gesünder hätten wir wohl nicht leben können. Und Maria hat sich gefreut jemanden um sich zu haben weil natürlich auch ihre Tochter und Enkelin nicht nach Develiki kommen durften. Sämtliche Feiertage haben wir gemeinsam verbracht und oft hat Maria für uns gekocht, uns zum Kaffee eingeladen oder ist einfach auf ein Schwätzchen zu uns gekommen. Da Maria kein Englisch und nur ganz wenige Wörter Deutsch kennt fanden unsere Gespräche auf Griechisch und mit ganz viel Händen und Füßen statt und so konnten wir uns stundenlang verständigen und amüsieren. Bei Maria haben wir natürlich auch mit angepackt, alles Holz auf der Terrasse gestrichen, den Wohnwagen ihrer Tochter geputzt und natürlich nach dem Essen brav das Geschirr gespült. Jedes Mal wenn wir bei ihr waren kamen wir außerdem mit einem Sackerl mit Fressalien, Wein oder Schnaps zurück. Kein Wunder, dass bei unserem Abschied die Tränen geflossen sind!

Maria war es auch, die im November 3 kleine Welpen gefüttert hat die ohne Mutter und ganz abgemagert und klein in Develiki aufgetaucht sind. 2 haben es nicht geschafft, der dritte Hund hat überlebt. Im Herbst haben wir sie das erste Mal gesehen und als wir im März zurück nach Develiki kamen hat der kleine Hund Freundschaft mit unserer Aida geschlossen und war vom ersten Tag an immer an unserer Seite. „Foxy“ hat unter unserem BIG20 geschlafen und war mit dabei, egal wohin wir gingen. Aida war sowas wie eine Oma für sie und hat der Kleinen vieles beigebracht, beispielsweise Gras fressen und oft mit ihr gespielt. Vielleicht hat Aida die kleine Foxy auf ein Leben mit uns vorbereitet… Eigentlich sollten wir die kleine Streunerin einfangen weil das bisher niemand geschafft hatte. Das hätte aber auch ein Leben an der Kette unter einem Olivenbaum bedeutet und Raimund und ich konnten den Gedanken nicht ertragen und haben lange hin und her überlegt ob wir sie vielleicht mitnehmen sollten. Mittlerweile hat Foxy tatsächlich einen Reisepass und ist mit uns unterwegs. Aida dafür leider nicht mehr. Im April haben wir noch ihren 14. Geburtstag gefeiert, im Mai mussten wir unsere treue und geliebte Begleiterin dann verabschieden. Im Kopf war Aida noch jung aber ihre ohnehin schon lädierten Hüftgelenke wollten nicht mehr. 29 Länder hat sie mit uns bereist und bis zum letzten Tag war sie ein glücklicher und fröhlicher Hund. Am 8. Mai hat sie auf ihrem Lieblingsplatz im BIG20 Cockpit ihre letzte Reise angetreten und wir haben sie in Develiki auf einer Anhöhe mit Blick auf den Strand beerdigt. Im Herzen ist sie aber auch auf unseren weiteren Reisen mit dabei!

Der wunderschöne Frühling ist nun in den Sommer übergegangen. Es ist heiß und die Touristen kommen nach Develiki seit die Grenzen geöffnet haben. Für uns ist es nun also Zeit endlich und mit bereits 10 Monaten Verspätung unseren Heimweg anzutreten. Während ich diese Zeilen schreibe stehen wir in jener kleinen Bucht bei Nea Peramos wo wir im September 2018 unsere erste Nacht in Griechenland verbracht haben. Nun wird das auch unser letzter Stopp sein. Die bulgarische Grenze ist nicht mehr weit weg und wir werden möglichst zügig versuchen Ungarn oder Slowenien zu erreichen. Wer weiß, wie lange die Grenzen offen bleiben…